
Die Geflügelhaltung ist ein bedeutender Bestandteil der Nutztierhaltung in Deutschland. Sie umfasst die Zucht und Haltung von Hühnern, Puten, Enten und Gänsen – hauptsächlich zur Gewinnung von Fleisch und Eiern. Wie bei anderen Nutztieren unterliegt auch die Haltung von Hühnern und anderem Geflügel strengen gesetzlichen Vorgaben und steht zunehmend im Fokus der Öffentlichkeit, wenn es um Haltungsbedingungen für die Tiere geht.
Wichtige Geflügelarten in der Landwirtschaft
In Deutschland sind vor allem folgende Geflügelarten wirtschaftlich bedeutend:
- Legehennen: Diese Hühner werden zur Eiererzeugung gehalten. Die häufigsten Rassen sind Hybridhühner wie Lohmann Brown oder Dekalb White, die bis zu 300 Eier pro Jahr legen können. Legehennen werden in spezialisierten Betrieben aufgezogen und in verschiedenen Haltungssystemen gehalten – von Boden- bis Biohaltung.
- Masthühner: Masthühner sind gezielt zur Erzeugung von hochwertigem Fleisch gezüchtet. Spezielle Zuchtlinien erreichen innerhalb von 30 bis 40 Tagen ein Schlachtgewicht von etwa 1,5 bis 2,5 Kilogramm. Der Fokus liegt bei der Zucht auf einer Gesunderhaltung und effizienten Futterverwertung. In tierwohlorientierten Programmen kommen auch langsamer wachsende alternative Rassen zum Einsatz.
- Puten (Truthühner): Diese Tiere werden hauptsächlich zur Fleischproduktion gehalten. Männliche Puten (Welschhähne) wiegen bis zur Schlachtung oft 18 bis 22 kg, weibliche Tiere (Hennen) etwa 8 bis 12 kg. Die Mastdauer der Hähne beträgt rund 20 bis 22 Wochen. Puten benötigen aufgrund ihrer Größe viel Platz, weshalb zunehmend Haltungssysteme mit strukturierter Haltungsumwelt eingesetzt werden.
- Enten und Gänse: Während die Gans ab Martini bis zur Weihnachtszeit gefordert ist, sind Enten daheim und vor allem in der Gastronomie ganzjährig beliebt. Diese Geflügelarten spielen auch in der regionalen Direktvermarktung sowie zu Festtagen eine Rolle. Häufig gehaltene Entenrassen sind die Pekingente oder in bäuerlichem Umfeld die Barbarieente. Bei Gänsen ist die Landgans (z. B. die Diepholzer Gans) verbreitet. Sowohl Gans als auch Ente eignen sich gut für extensive Freilandhaltung, oft in Kombination mit Weidegang, da die Tiere regelrecht grasen.
In der ökologischen Landwirtschaft gewinnen neben den bewährten Hybriden Zuchtlinien auch neue, langsam wachsende Hühnerrassen an Bedeutung, etwa der Hubbard JA 757, Ranger Classic oder der Sasso. Auch alte Landrassen wie die Deutsche Sperber, Sulmtaler oder das Sundheimer Huhn werden wieder vermehrt in kleinen und mittleren Betrieben zur Erzeugung frischer Eier gehalten.
Formen der Geflügelhaltung in Deutschland
Je nach Tierart und Produktionsziel unterscheiden sich die Haltungsformen. Besonders bei Hühnern als Legehennen ist die Vielfalt groß. Die wichtigsten Formen sind:
Bodenhaltung
Bei der Bodenhaltung leben die Tiere in geschlossenen Ställen auf eingestreutem Boden, ohne Zugang nach draußen. Diese Haltungsform ist die häufigste bei Legehennen in Deutschland. Der Stall ist in verschiedene Funktionsbereiche unterteilt: Futter, Wasser, Legenester und Scharrraum. Laut Statistischem Bundesamt stammen etwa 60 % der in Deutschland produzierten Eier aus Bodenhaltung (der Anteil sinkt in den letzten Jahren). Häufig ist diese Stallhaltungsform mit der Freilandhaltung kombiniert, so dass je nach Saison und Bedarf entweder Eier aus Boden- oder aber Freilandhaltung erzeugt werden können.
Freilandhaltung
Bei dieser Haltungsform haben die Hühner neben dem Stall geregelten Zugang zu einem Außengelände. Die Auslauffläche muss gemäß EU-Vorgaben mindestens 4 m² pro Tier betragen. Freilandhaltung gilt als tierfreundlicher, ist aber witterungsabhängig und mit höherem Aufwand und Umweltauflagen verbunden.
Biohaltung
Die ökologische Haltung von Legehennen erfüllt zusätzlich die Anforderungen der EU-Öko-Verordnung. Tiere erhalten ausschließlich Bio-Futter, mehr Platz pro Tier (max. 6 Tiere/m² im Stall) und deutlich längeren geregelten Auslauf im Freien.
Käfighaltung (läuft 2025 aus)
Die konventionelle Käfighaltung ist in Deutschland seit 2010 verboten. Allerdings sind Kleingruppenhaltungen in Käfigen noch vereinzelt erlaubt, unterliegen jedoch einem schrittweisen Ausstieg bis Ende 2025. Diese Haltung bietet die effiziente Erzeugung sehr sauberer Eier und den Tieren im Nahbereich Sitzstangen, Scharrmöglichkeiten und Nester, jedoch nur eingeschränkte Bewegungsfreiheit.
Mastgeflügelhaltung
Masthühner und Puten werden zumeist in größeren Herden in geschlossenen Ställen mit Stroheinstreu gehalten. Masthühner leben etwa 30–40 Tage bis zur Schlachtreife, weibliche Puten bis zu 15 Wochen und Hähne bis zu 24 Wochen. Das Platzangebot bei Masthühnern liegt bei konventioneller Haltung bei maximal 39 kg Lebendgewicht/m², während max. ca. 22 Tiere je Quadratmeter mit einem Durchschnittslebendgewicht von 1.600 Gramm je Hähnchen gehalten werden dürfen. In tierwohlorientierten Programmen ist das Platzangebot bei älteren Tieren größer und liegt beispielsweise bei 25–35 kg/m². Damit haben die Tiere mehr Bewegungsfreiheit und wachsen vitaler auf.
Die Mindestanforderungen an das jeweilige Platzangebot in der Geflügelmast bei unterschiedlichen Haltungsformen von Hähnchen, Puten und Enten zeigt die folgende Tabelle:
Haltungsform | Hähnchen | Puten | Pekingenten |
1: Stall | max. 39 kg/m² und max. 35 kg/qm bei LG von 1.600 Gramm | Hähne: max. 58 kg/m² Hennen: max. 52 kg/m² | max. 20 kg/m² |
2: Stall + Platz | max. 35 kg/m² bis zur Ausstallung | Hähne: max. 53 kg/m² Hennen: max. 48 kg/m² | max. 20 kg/m² |
3: Frischluftstall | max. 29 kg/m² | Hähne: max. 41 kg/m² Hennen: max. 37 kg/m² | max. 20 kg/m² bzw. 25 kg/m² bei ständigem Zugang zu Freiflächen |
4: Auslauf/Weide | max. 21 kg/m² | max. 21 kg/m² | max. 20 kg/m² |
5: Bio | max. 21 kg/m² | max. 21 kg/m² | max. 21 kg/m² |
Weitere Informationen zu den jeweils geltenden Haltungskriterien finden Sie bei haltungsform.de.
Gesetzliche Vorschriften zur Geflügelhaltung
Die Geflügelhaltung unterliegt dem Tierschutzgesetz, der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung sowie speziellen EU-Vorgaben und freiwilligen Verpflichtungen. Dazu gehören:
- Anforderungen an Platz, Licht, Luft und Beschäftigung
- Regelungen zur Fütterung und Wasserversorgung
- Vorgaben zum Platzangebot (z. B. bei Masthühnern max. 35/39 kg/m²)
- Anforderungen an das Gesundheitsmanagement
- Dokumentationspflichten und Tierwohlkontrollen durch Behörden
Alle gesetzlichen und freiwillig verpflichtenden Vorgaben dienen in ihrer Gesamtheit dem Ziel, das physische und psychische Wohlbefinden und die Gesunderhaltung der Tiere zu sichern, eine möglichst artgemäße Haltungsumwelt zu schaffen und eine verantwortungsvolle Tiernutzung im Einklang mit gesellschaftlichen Erwartungen und wissenschaftlichen Erkenntnissen sicherzustellen.
Tierwohl-Maßnahmen in der Geflügelhaltung
Um das Wohlbefinden der Tiere zu verbessern, setzen viele Betriebe zusätzliche Maßnahmen um, darunter:
Eine reduzierte Besatzdichte mit dem Ziel, mehr Platz anzubieten und möglichen Stress [OL1] weiter zu verringern
Tageslichtquellen
Die Bereitstellung von Picksteinen oder Strohballen als Beschäftigungsmaterialien
Die Strukturierung des Stalls mit Rückzugsorten zur Förderung des Sozialverhaltens
Der Einsatz langsam wachsender Rassen zur Reduktion von möglichem Wachstumsstress oder Beeinträchtigung der Vitalität
Die Verbesserung der Luftqualität und des Stallklimas zur Unterstützung der Tiergesundheit
Diese oder ähnliche Maßnahmen helfen, das Stressniveau der Tiere zu senken, natürliches Verhalten wie Staubbaden[RS2] oder Picken zu fördern, im Gegenzug Verhaltensstörungen wie Federpicken zu vermeiden und damit allgemein die Tiergesundheit zu erhalten.
Geflügelhalter, die über gesetzlich geltende Standards hinaus die Bedingungen für ihre Tiere verbessern, werden von der Initiative Tierwohl unterstützt. Zu den verbindlichen Kriterien für teilnehmende Betriebe zählen z. B. mehr Platz, Beschäftigungsmaterial oder tierfreundlichere Stallsysteme. Das Tierwohl-Siegel auf Geflügelfleisch kennzeichnet Waren, die aus solchen Betrieben stammen, und macht somit die Tierwohl-Förderung auch für Verbraucher transparent.
Fazit
Die Geflügelhaltung in Deutschland ist vielfältig, hochentwickelt und gesetzlich streng geregelt. Ob Legehennen, Masthühner, Puten, Enten oder Gänse – die Haltungssysteme unterscheiden sich deutlich in Aufwand, Tierwohlstandards und gesellschaftlicher Akzeptanz. Durch zusätzliche Maßnahmen lassen sich die Bedingungen bei den Haltungsformen für Hühner und weiteres Nutzgeflügel weiter verbessern – zugunsten der Tiere und einer verantwortungsbewussten Tierhaltung in der Landwirtschaft.