Magazin

Der Ringelschwanz bei Schweinen: Wie lässt sich Schwanzbeißen verhindern? 

31. Oktober 2019
Der Ringelschwanz kann bei Schweinen zum Problem werden.

Der Ringelschwanz ist ein typisches Merkmal gesunder Schweine. Er dient nicht nur der Kommunikation innerhalb der Gruppe, sondern ist auch ein Indikator für das Wohlbefinden der Tiere. In der modernen Schweinehaltung kommt es jedoch häufig zum Schwanzbeißen, einem Problem, das aus verschiedenen Ursachen resultiert. Welche Lösungen gibt es im Sinne des Tierwohls? 

Ursachen des Schwanzbeißens bei Schweinen 

Schwanzbeißen unter Schweinen kann durch zahlreiche Faktoren begünstigt werden. Dazu gehören unvorteilhafte Haltungsbedingungen, die Stress und Aggressionen fördern. Auch eine unausgewogene Ernährung kann zu Mangelerscheinungen führen, die das Schwanzbeißen begünstigen. Zudem spielt die Genetik eine Rolle, da einige Schweinerassen eher zu diesem Verhalten neigen als andere. Schließlich können auch soziale Faktoren wie Rangkämpfe und fehlende Fluchtmöglichkeiten das Beißen auslösen. 

Warum werden Ferkeln manchmal die Schwänze gekürzt? 

Um das Risiko des Schwanzbeißens zu minimieren, wird in vielen Betrieben der Ringelschwanz der Schweine gekürzt. Dieser Eingriff, das sogenannte Kupieren, erfolgt in den ersten Lebenstagen nach dem Abferkeln und soll verhindern, dass es zu schweren Verletzungen durch Schwanzbeißen kommt. Dabei wird ein Teil des Schwanzes entfernt. Das Kupieren ist jedoch nicht als Dauerlösung gedacht und darf nur unter bestimmten Bedingungen erfolgen. Die EU-Richtlinie zur Schweinehaltung sieht vor, dass zunächst alle anderen Maßnahmen zur Vermeidung des Schwanzbeißens ausgeschöpft werden müssen, bevor ein Kupieren in Betracht gezogen wird. 

Alternativen zum Kupieren 

Um Schwanzbeißen zu verhindern, setzen Schweinehalter zunehmend auf andere Maßnahmen, anstatt direkt auf das Kürzen des Ringelschwanzes, zurückzugreifen. Wichtige Maßnahmen sind: 

  • Ausreichend Platz und eine strukturierte Stallgestaltung, um Stress und Aggressionen zu reduzieren; eine klare Trennung von Fress-, Liege- und Aktivitätsbereichen ermöglicht den Tieren, natürliche Verhaltensweisen auszuleben. 
  • Der Einsatz von Beschäftigungsmaterial wie Stroh, Holz oder speziellen Spielgeräten, um das natürliche Erkundungsverhalten zu fördern und die Tiere von ihren Artgenossen abzulenken. 
  • Eine optimierte Fütterung mit einer bedarfsgerechten und ausgewogenen Ernährung, um Mangelerscheinungen vorzubeugen; eine ausreichende Versorgung mit Rohfasern kann das natürliche Kauverhalten unterstützen und das Risiko von Schwanzbeißen senken. 
  • Angepasste Licht- und Klimaverhältnisse, um eine angenehme Stallatmosphäre zu schaffen; eine gute Luftqualität, die richtige Temperatur und eine ausreichende Beleuchtung tragen dazu bei, Unruhe und Stress zu vermeiden. 
  • Gezielte Zuchtmaßnahmen, um weniger aggressives Verhalten zu fördern; durch Selektion können Schweinerassen gezüchtet werden, die seltener zum Schwanzbeißen neigen. 

Schwanzbeißen ist ein komplexes Problem, das nicht allein durch das Verbot des Kupierens gelöst werden kann. Die  Initiative Tierwohl setzt auf Maßnahmen zur Verbesserung der Haltung, die langfristig dazu beitragen sollen, dass Schweine mit ungekürzten Schwänzen gehalten werden können. Dazu gehört unter anderem das verpflichtende Kriterium zur Bereitstellung von Beschäftigungsmaterial. Diese Maßnahmen sollen verhindern, dass durch ein abruptes Verbot des Kupierens die Zahl der Verletzungen durch Schwanzbeißen ansteigt. 

Das Ringelschwanzproblem: Das sagt ein Experte 

Rosa, Rüssel, Ringelschwanz – so lässt sich ein Schwein in drei Worten beschreiben. Doch bei einigen Tieren fehlt der Ringelschwanz, da er gekürzt wurde. Warum ist das so? Und welche Alternativen gibt es? Um diese Fragen zu klären, besucht Moderatorin Vanessa Meisinger in dieser Folge unserer Reihe „Land in Sicht“ die Landesanstalt für Schweinezucht in Boxberg. Dort erklärt Hansjörg Schrade, wie es zum Schwanzbeißen kommen kann und welche Maßnahmen Landwirte ergreifen, um das Problem ohne Schwanzkürzen zu lösen. 

YouTube

Wenn Sie diesen Dienst nutzen, verlassen Sie unseren Verantwortungsbereich und betreten den Verantwortungsbereich von Google (Google Ireland Limited, Gordon House, Barrow Street, Dublin 4, Irland). Die Datenschutzerklärung von Google können Sie hier einsehen:
Mehr erfahren

Video laden

Mit „Land in Sicht“ möchte die Initiative Tierwohl aufklären und ein Basiswissen über die hochkomplexe Aufgabe der Schweine- und Geflügelhaltung vermitteln. Denn die moderne Nutztierhaltung ist ein vieldiskutiertes Thema. Spaltenböden, Ringelschwänze kupieren, Hybridhuhn: Wer mitreden möchte, der muss zunächst verstehen, wie Tierhaltung funktioniert. Erst mit einem besseren Verständnis für die facettenreiche und große Herausforderung, die hinter einer tiergerechten Haltung steckt, kann es gelingen, in einen konstruktiven Dialog zu kommen.  

Beschäftigungsmaterial in Schweineställen – eine Lösung für mehr Tierwohl 

Der Einsatz von Beschäftigungsmaterial im modernen Stall kann das Wohlergehen der Schweine erheblich verbessern und so unerwünschtem Verhalten wie Schwanzbeißen vorbeugen. Hierbei ist eine abwechslungsreiche Gestaltung gefragt. Möglichkeiten sind zum Beispiel: 

  • Naturmaterialien wie Stroh, Wurzeln oder getrocknete Äste 
  • Metallketten mit Kunststoff- oder Holzanhängern 
  • Gummibälle oder andere tiergerechte Kunststoffspielzeuge 
  • Futterbälle oder Lecksteine 
  • Gummimatten oder bewegliche Plattformen 
  • Futterspender oder Futterspiralen 

Fazit

Das Schwanzbeißen ist eine Herausforderung in der Schweinehaltung, die sich nicht durch eine einzelne Maßnahme lösen lässt. Stattdessen setzen viele Betriebe auf eine Kombination aus verbesserten Haltungsbedingungen, gezielter Fütterung, Beschäftigungsmöglichkeiten und Zuchtmaßnahmen. Ein umfassender Ansatz trägt dazu bei, dass Schweine ihren Ringelschwanz behalten können und unter möglichst tierfreundlichen Bedingungen leben. 

Artikel teilen: