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Hier steckt Tier drin – tierische Nebenerzeugnisse effizient genutzt

2. April 2025
Icon Schwein auf Icon-Wolke

Schon mal Schwein geraucht? Nein? Vielleicht schon. Denn wer glaubt, dass die Verwendung von tierischen Produkten beim Fleisch endet, irrt sich. Sogenannte tierische Nebenerzeugnisse finden sich in Konsumgütern genauso wie in – vermeintlich – pflanzlichen Lebensmitteln. Zu diesen Schlachtabfällen gehören etwa Organe, aber auch Knochen oder die Häute von Tieren. Die Devise lautet: effizient nutzen statt wegwerfen.

Was sind tierische Nebenerzeugnisse?

Tierische Nebenerzeugnisse sind alle Produkte tierischen Ursprungs, die nicht für den direkten menschlichen Verzehr bestimmt sind. Sie entstehen hauptsächlich in der Fleisch-, Milch- und Fischindustrie und umfassen unter anderem Schlachtabfälle, Knochen, Häute, Federn, Blut und Innereien. Der Begriff „Nebenerzeugnisse“ weist darauf hin, dass diese Stoffe nicht das Hauptprodukt der Tierverarbeitung sind, sondern als Nebenprodukte anfallen. Dennoch haben sie einen hohen wirtschaftlichen und ökologischen Wert, da sie weiterverarbeitet werden können – beispielsweise zur Herstellung von Tierfutter, Gelatine, Leder, Biogas oder Düngemitteln.

Schlachtabfälle: Verwertung in Industrie und Produkten.
Tierische Nebenprodukte: Die vielfältige Verwendung des Schlachtkörpers am Beispiel Schwein.

Tierische Nebenerzeugnisse: Gelatine in Wein und Saft

Damit die Wahrheit im Wein auch klar zu erkennen ist, klären viele Wein-, aber auch Safthersteller ihre Produkte mithilfe von Gelatine. Gelatine fällt unter die Schlachtabfälle und besteht in Europa hauptsächlich aus Teilstücken des Schweins: den Schweineschwarten. Genauso gut können aber auch Knochen und Tierhäute Gelatine beinhalten. Als tierisches Nebenerzeugnis muss Gelatine auf dem Produkt nicht gekennzeichnet werden. Der Grund: Sie wird nach der Klärung wieder entfernt und nicht mit verzehrt. Bei veganen Weinen kommen etwa Aktivkohle oder die Mineralerde Bentonit zum Einsatz. Gelatine als Zutat für Lebensmittel, zum Beispiel in Gummibärchen oder Kaugummi, ist auf der Verpackung gekennzeichnet.

Tierische Nebenerzeugnisse in Reinigungsmittel und Kosmetik

Vom Waschmittel bis hin zum Shampoo: Um Schmutz zu lösen, enthalten viele Hygieneprodukte waschaktive Substanzen, sogenannte Tenside. Diese können aus pflanzlichen Rohstoffen, aber auch aus tierischen Fetten hergestellt werden. Sodium Tallowate wird beispielsweise aus Rindertalg, Sodium Lardate aus Schweinefett und Stereate aus Stearinsäure hergestellt. Sie dienen als waschaktive Substanzen, sorgen also dafür, dass die Wäsche oder das Geschirr sauber wird.

Glycerin oder das aus Schafswolle gewonnene Lanolin dienen aufgrund ihrer rückfettenden Wirkung als Feuchtigkeitsspender in der Kosmetik. Auch das Anti-Aging-Mittel Hyaluronsäure, das aus Hahnenkämmen gewonnen wird, oder das in der Fleischwirtschaft als Schlachtabfall geltende Kollagen sind aus der Gesichtspflege nicht wegzudenken. Die pflanzlichen Alternativen lassen sich besonders gut aus Palmöl gewinnen – eine aus ökologischer Sicht umstrittene Alternative. Denn die Produktion von Palmöl trägt zur Abholzung des Regenwaldes bei.

Tierische Nebenerzeugnisse in Backwaren

Auch ein frisch gebackenes Brötchen vom Bäcker an der Ecke kann unter Umständen tierische Nebenerzeugnisse enthalten. Denn um den Teig leichter verarbeiten zu können, können ihm Bäcker die Aminosäure L-Cystein (E 920) zusetzen. Diese wird heute zwar oft synthetisch hergestellt, kann aber auch aus Schweineborsten oder Vogelfedern gewonnen werden. Nach Angaben der Allgemeinen Bäcker Zeitung sei dies jedoch heute – aufgrund eines Medienrummels vor 30 Jahren – nicht mehr zutreffend. Wer sicher gehen will, sollte also direkt beim Hersteller nachfragen.

Tierische Nebenerzeugnisse in Zahnpasta

Altbewährtes Mittel für ein strahlendes Lächeln: Knochenmehl. Als Schleifsubstanz soll dieses tierische Nebenerzeugnis Verfärbungen – etwa durch den Konsum von Kaffee oder Tee – entfernen. Darauf setzten schon die Griechen und Römer in der Antike. Außerdem enthält Zahnpasta in der Regel Glycerin. Glycerin bindet die Feuchtigkeit und sorgt für die cremig-glatte Konsistenz der Zahnpasta. Es wird aus Schlachtabfällen gewonnen und kommt zum Beispiel in Schweineknochen vor.

Tierische Nebenerzeugnisse im Zigarettenfilter

Auf den Stress erstmal eine rauchen? Wer jetzt allerdings glaubt, neben chemischen Zusätzen nur Pflanzliches einzuatmen, täuscht sich möglicherweise. Um Schadstoffe aus dem Tabak zu filtern, können Zigarettenfilter tierische Nebenerzeugnisse enthalten. Aktivkohlefilter enthalten oft Hämoglobin, das zur Schadstoffbindung genutzt wird. Es ist ein Eiweißstoff aus Schweineblut.

Tierische Nebenerzeugnisse digital und analog: Fernseher, Computer, Smartphones

In Form von flüssigen Kristallen nutzen Hersteller tierisches Cholesterin oft bei der Produktion von LCD-Bildschirmen für Fernseher, Computer oder die Displays von Smartphones und Kameras. Cholesterin ist ein tierisches Nebenerzeugnis und wird aus den Zellmembranen von Tieren gewonnen.

Schlachtabfälle in Auto- und Fahrradreifen

Vegane Autoreifen? Gibt es. Doch viele Gummimischungen enthalten den Zusatzstoff Stearinsäure zur Herstellung der Laufflächen. Dieser wird meist aus tierischen Fetten hergestellt. Gleiches gilt für Fahrradreifen.

Angetrieben von tierischen Nebenerzeugnissen: Biodiesel

Schlachtabfälle im Tank? Kann passieren. Zwar kommt für die Biodieselproduktion in Deutschland hauptsächlich Rapsöl als Rohstoff zum Einsatz, doch zu einem geringen Teil auch tierische Fette. Nach Angaben der Deutschen Biokraftstoffindustrie (VDB) lag der gemeinsame Anteil sonstiger Rohstoffe – darunter fallen auch tierischen Fette – 2018 bei fünf Prozent.

Tierische Nebenerzeugnisse sind in vielen Produkten des täglichen Lebens enthalten – oft, ohne dass Verbraucher es bemerken. Von Gelatine in Wein, Tensiden in Reinigungsmitteln, Kollagen in Kosmetik bis hin zu tierischen Bestandteilen in Autoreifen und Zigarettenfiltern – die Nutzung dieser Nebenprodukte ist vielfältig und oft ein Weg, Ressourcen nachhaltig zu verwerten. Während pflanzliche Alternativen existieren, sind sie nicht immer umweltfreundlicher, wie das Beispiel von Palmöl zeigt. Wer auf tierische Bestandteile verzichten möchte, sollte gezielt auf vegane Kennzeichnungen achten oder direkt beim Hersteller nachfragen.

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