
Immer mehr Verbraucher und Verbraucherinnen legen Wert auf eine verbesserte Haltung von Nutztieren und möchten bewusster einkaufen. Doch oft ist es nicht immer einfach zu erkennen, welche Bedingungen hinter den Produkten im Supermarkt stehen. Die Kennzeichnung der Haltungsform für Fleisch bietet hier eine Orientierungshilfe. Sie ist in vier Stufen unterteilt, die jeweils unterschiedliche Standards für die Haltung von Schweinen, Hähnchen und Puten definieren.
Warum? Wieso? Weshalb? Haltungsformen kurz erklärt
Ein kurzer Überblick über die Hintergründe der Haltungsformkennzeichnung bietet das folgende YouTube-Video:
Haltungsform 1: Stallhaltung
Die niedrigste Stufe der Kennzeichnung ist die Haltungsform 1 – Stallhaltung. Sie entspricht den gesetzlichen Mindestanforderungen in Deutschland und ist die am häufigsten verbreitete Form der Nutztierhaltung. In Haltungsform 1 werden die Tiere in geschlossenen Ställen gehalten, wobei das Platzangebot den gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht. Die Fütterung erfolgt standardmäßig mit konventionellen Futtermitteln wie Soja und Getreide, die den grundlegenden Ernährungsbedarf der Tiere decken. Um die Einhaltung dieser Vorgaben sicherzustellen, erfolgen regelmäßige Kontrollen nach den gesetzlichen Mindeststandards.
Überblick Haltungsform 1
Kriterium | Haltungsform 1 (Stallhaltung) |
Platz pro Mastschwein | 0,75 m² |
Platz pro Jungbulle | 3 m² |
Platz pro Masthuhn | bis zu 39 kg/m² |
Beschäftigung | Mindestanforderung (Stroh, Holz, einfache Materialien) |
Fütterung | Konventionelles Futter (Soja, Getreide) |
Zugang zu Außenklima | Kein Zugang |
Kontrollen | Gesetzliche Mindeststandards |
Haltungsform 2: Stallhaltung Plus
Und was bedeutet Haltungsform 2? Die zweite Stufe, „Stallhaltung Plus“, geht über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinaus und bietet den Tieren verbesserte Lebensbedingungen. Sie erhalten bis zu 10 % mehr Platz als in Haltungsform 1, wodurch ihre Bewegungsfreiheit leicht erweitert wird. Zudem sorgt teilweise einfallendes Tageslicht für eine natürlichere Umgebung im Stall.
Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Fütterung, die hochwertiger ist als in der gesetzlichen Mindesthaltung. Für Schweine wird zusätzlich Raufutter wie Stroh oder Heu bereitgestellt, das ihr natürliches Wühlverhalten unterstützt und zur Beschäftigung beiträgt. Auch Fressgitter zur gleichmäßigen Verteilung des Futters werden eingesetzt. Zusätzlich erhalten die Tiere mehr Beschäftigungsmöglichkeiten, darunter strukturierte Stallbereiche mit Stroh oder Holz, die ihre Umgebung abwechslungsreicher gestalten. Die Hygienevorschriften sind ebenfalls verbessert, um das Infektionsrisiko zu minimieren. Eine angepasste Beleuchtung trägt zudem dazu bei, einen natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus zu fördern.
Das Fleisch, das mit dem Siegel der Initiative Tierwohl ausgezeichnet wird, stammt aus Betrieben, die den Tieren mindestens die Haltungsform 2 bieten. Die ITW setzt sich für verbesserte Bedingungen in der Nutztierhaltung ein und definiert spezifische Tierwohlkriterien, die über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen. Dazu gehören unter anderem eine optimierte Stallstruktur, zusätzliche Beschäftigungsmöglichkeiten sowie regelmäßige Überprüfungen der Tiergesundheit durch unabhängige Kontrollstellen. Die Teilnahme an der Initiative ist für Landwirte und Landwirtinnen freiwillig, jedoch verpflichten sich teilnehmende Betriebe zur Einhaltung dieser Vorgaben, die in festgelegten Intervallen kontrolliert werden.
Überblick Haltungsform 2 (Stallhaltung Plus)
Kriterium | Haltungsform 2 (Stallhaltung Plus) |
Platz pro Mastschwein | 0,83 m² |
Platz pro Jungbulle | 3,3 m² |
Platz pro Masthuhn | bis zu 35 kg/m² |
Beschäftigung | Mehr Beschäftigungsmaterial (Stroh, Picksteine, Raufutter) |
Fütterung | Hochwertigere Futtermischung, teilweise mit Raufutter |
Zugang zu Außenklima | Kein Zugang |
Kontrollen | Zusätzliche Kontrollen über der gesetzlichen Mindestanforderung |
Haltungsform 3: Außenklima
In der dritten Stufe „Außenklima“ erhalten die Tiere mindestens 40 % mehr Platz im Vergleich zur gesetzlichen Mindestanforderung. Ein zentraler Unterschied zu den vorherigen Haltungsformen ist der Zugang zu einem Außenklimabereich, der über offene Stallbereiche oder teilüberdachte Freiflächen gewährt wird. Dadurch können die Tiere Frischluft aufnehmen und ihr Verhalten natürlicher ausleben.
Zusätzlich profitieren sie von erweiterten Beschäftigungsmöglichkeiten, die eine abwechslungsreichere Umgebung schaffen und zur Förderung des Wohlbefindens beitragen. Die Fütterung erfolgt mit hochwertigen, häufig regional erzeugten Futtermitteln, die in der Regel gentechnikfrei sind. Neben dem zusätzlichen Platzangebot und den Außenklimabereichen wird auch die Tiergesundheit intensiver überwacht. Die Haltung in dieser Stufe umfasst regelmäßige Gesundheitschecks sowie stressreduzierende Maßnahmen, beispielsweise durch eine strukturierte Gestaltung der Auslaufbereiche.
Überblick Haltungsform 3 (Außenklima)
Kriterium | Haltungsform 3 (Außenklima) |
Platz pro Mastschwein | 1,05 m² |
Platz pro Jungbulle | 4,2 m² |
Platz pro Masthuhn | bis zu 25 kg/m² |
Beschäftigung | Erweiterte Beschäftigungsmöglichkeiten (zusätzliche Wühlmaterialien, Picksteine) |
Fütterung | Hochwertiges, gentechnikfreies Futter, oft regional |
Zugang zu Außenklima | Zugang zu Außenklimabereichen |
Kontrollen | Erweiterte Gesundheitschecks |
Haltungsform 4: Auslauf/Weide (ehemals „Premium“ – konventionell)
Die neue Haltungsform 4 – Auslauf/Weide ersetzt künftig die bisherige Stufe „Premium“ für konventionell erzeugte Produkte. Diese Stufe steht für besonders tierwohlgerechte Bedingungen, die deutlich über den gesetzlichen Mindeststandards liegen. Tiere in dieser Haltungsform haben mindestens 100 % mehr Platz als gesetzlich vorgeschrieben und dauerhaften Zugang zu Außenklimabereichen wie überdachten Ausläufen, Weideflächen oder Auslaufbereichen mit Frischluft.
Kennzeichnend für Haltungsform 4 sind außerdem vielfältige Beschäftigungsmöglichkeiten und strukturierte Stallbereiche. Die Tiere erhalten hochwertiges Futter aus konventioneller, aber oft nachhaltiger Landwirtschaft. Ziel dieser Stufe ist es, Tierwohlaspekte auch in der konventionellen Erzeugung sichtbar und nachvollziehbar zu machen.
Überblick Haltungsform 4 (Auslauf oder Weide)
Kriterium | Haltungsform 4 (Auslauf/Weide) |
Platz pro Mastschwein | bis 150 kg mind. 1,5 m² |
Platz pro Jungbulle | 5 m², aber mind. 1 m²/100 kg |
Platz pro Masthuhn | bis zu 21 kg/m² |
Beschäftigung | Vielfältige Beschäftigungsmaterialien (Wühlmöglichkeiten, Scharren, Stroh, Raufutter) |
Fütterung | Futtermittel ohne Gentechnik, mind. 60 % der Futtermittel aus dem eigenen Betrieb bzw. aus der Region |
Zugang zu Außenklima | Weide- oder Freilaufhaltung |
Kontrollen | Erweiterte Kontrollen |
Haltungsform 5: Bio (neu – für ökologisch erzeugte Produkte)
Die neue Haltungsform 5 – Bio kennzeichnet ab sofort alle ökologisch erzeugten Produkte, die zuvor unter der bisherigen Haltungsform 4 „Premium“ eingeordnet waren. Diese höchste Stufe im System steht für zertifizierte ökologische Tierhaltung nach den Standards der EU-Öko-Verordnung oder privater Bio-Verbände wie Bioland, Naturland oder Demeter.
Die Tiere haben deutlich mehr Platz, ganzjährigen Zugang zu Auslauf oder Weide, sowie Rückzugs- und Beschäftigungsmöglichkeiten im Stall. Die Fütterung erfolgt mit Bio-Futter, das meist aus kontrolliert biologischem Anbau stammt. Gleichzeitig gelten strenge Vorgaben zum Verzicht auf Gentechnik, Antibiotikaeinsatz und nicht notwendige Eingriffe.
Überblick Haltungsform 5 (Bio)
Kriterium | Haltungsform 5 (Bio) |
Platz pro Mastschwein | bis 110 kg mind. 1,3 m² im Stall und 1 m² Auslauffläche |
Platz pro Jungbulle | 6 m² |
Platz pro Masthuhn | bis zu 21 kg/m², aber mind. 1 m²/100 kg |
Beschäftigung | Vielfältige Beschäftigungsmaterialien (Wühlmöglichkeiten, Scharren, Stroh, Raufutter) |
Fütterung | Ausschließlich Futtermittel ohne Gentechnik, Futtermittel müssen aus ökologischer Erzeugung stammen |
Zugang zu Außenklima | Laufstallhaltung mit Auslauf oder Weide |
Kontrollen | Erweiterte Kontrollen |
Haltungsform – Wer hat’s erfunden?
Die Haltungsform-Kennzeichnung wurde von einer branchenübergreifenden Initiative entwickelt, die maßgeblich von führenden deutschen Lebensmitteleinzelhändlern ins Leben gerufen wurde, um eine einheitliche Kennzeichnung der Tierhaltungsbedingungen zu schaffen. Ziel war es, Verbrauchern eine transparente Orientierungshilfe beim Kauf von Fleisch- und Milchprodukten zu bieten.
Die Einstufung der Haltungsformen basiert auf bestehenden gesetzlichen Vorgaben (z. B. Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung) sowie auf zusätzlichen privaten Standards wie der Initiative Tierwohl, dem Deutschen Tierschutzbund, Naturland oder Bioland. Die Kriterien für die einzelnen Stufen wurden von Branchenvertretern, Landwirtschaftsverbänden und Tierschutzorganisationen erarbeitet und orientieren sich an den zentralen Aspekten Platzangebot, Stallstruktur, Außenklima, Beschäftigung, Fütterung und Kontrollmechanismen. Die Umsetzung und Weiterentwicklung der Haltungsform-Kennzeichnung erfolgt durch die „Initiative Haltungsform“, die als gemeinsame Plattform der teilnehmenden Handelsunternehmen agiert.
Haltungsformen – eine Orientierung für Verbraucher und Verbraucherinnen
Die Haltungsform-Kennzeichnung bietet Verbrauchern und Verbraucherinnen eine transparente Orientierung über die Haltungsbedingungen von Nutztieren. Die vier Stufen zeigen deutliche Unterschiede in Platzangebot, Zugang zu Außenklima, Fütterung, Beschäftigungsmöglichkeiten und Kontrollmechanismen auf. Während Haltungsform 1 die gesetzlichen Mindestanforderungen erfüllt, verbessern Haltungsform 2 und 3 die Bedingungen durch mehr Platz, optimierte Fütterung und erweiterte Beschäftigungsmöglichkeiten. Die höchste Stufe, Haltungsform 4, umfasst Freiland- und Bio-Haltung, die den Tieren den größten Bewegungsfreiraum, hochwertiges Futter und besonders strenge Kontrollen bieten.
Verbraucher und Verbraucherinnen, die mehr Wert auf mehr Tierwohl legen, können durch ihre Kaufentscheidung gezielt Produkte wählen, die einer höheren Haltungsform entsprechen. Gleichzeitig trägt die schrittweise Verbesserung der Haltungsbedingungen in den verschiedenen Stufen dazu bei, das Tierwohl in der Nutztierhaltung nachhaltig weiterzuentwickeln. Die regelmäßigen Kontrollen stellen sicher, dass die definierten Anforderungen eingehalten werden.