Deutsche Landwirte werben seit Monaten lautstark für mehr Respekt vor ihrer Arbeit. Die Nutztierhaltung ist hierbei ein entscheidendes Standbein und eine zuverlässige Quelle für die Erzeugung von hochwertigen Nahrungsmitteln wie Milch, Fleisch und Eier: Güter, die die meisten von uns täglich konsumieren, mit Nährstoffen, die ein gesunder Mensch benötigt. Mit der Produktion kommen wiederum die wenigsten in Berührung. Gleichzeitig haben viele Verbraucher bestimmte Erwartungen daran, wie Tiere gehalten werden sollten und bringen diese in die intensiv geführte Debatte um das Tierwohl und die „Massentierhaltung“ mit ein. In der Diskussion darum, wie eine Nutztierhaltung aussehen sollte, haben sich einige Begrifflichkeiten zu Synonymen für eine Unterteilung in gute und schlechte Tierhaltung etabliert und im Volksmund völlig neue Bedeutungen bekommen. Dabei sind sie im eigentlichen Wortsinn erst einmal wertfrei. Fangen wir doch mal ganz vorne an und klären zunächst, was eigentlich unter Nutztierhaltung zu verstehen ist.
Nutztierhaltung in Deutschland: Schwein, Rind, Geflügel
Spricht man von Tierhaltung, bedeutet dies, dass sich ein Mensch um eines oder mehrere Tiere kümmert. Kernaspekte dabei sind die Ernährung, Gesundheit, Pflege und Unterbringung der Tiere, was diese vom Wildtier unterscheidet und sie damit zum Haustier macht. Erfolgt die Haltung der Tiere aus wirtschaftlichen Gründen, spricht man von Nutztierhaltung. Ein solcher wirtschaftlicher Grund kann beispielsweise die Lebensmittelproduktion sein.
Die Nutztierhaltung ist ein Wirtschaftszweig mit zwei grundsätzlichen Zielen. Zum einen stellt er die Versorgung der Gesellschaft mit Nahrungsmitteln sicher und bildet durch die Ausscheidungen der Tiere, die als Düngemittel verwendet werden, einen Kreislauf mit dem Ackerbau. Zum anderen geht es für Landwirte aber auch darum, den Betrieb wirtschaftlich zu führen. Wie für jede Branche gelten auch für die Nutztierhaltung gesetzliche Standards, die erfüllt werden müssen. Einige Betriebe entscheiden sich dazu, an Programmen teilzunehmen, die über die gesetzlich vorgeschriebenen Tierwohl-Standards hinausgehen, wie etwa dem der Initiative Tierwohl.
In Deutschland umfasst die Haltung von Nutzvieh zur Nahrungsmittelproduktion vor allem die Haltung von Schweinen, Rindern und Geflügel:
Schwein
Das deutsche Hausschwein ist die domestizierte Form des Wildschweins und zählt zu den ältesten Nutztieren des Menschen. Als Fleischlieferant spielt es in Deutschland eine tragende Rolle in der heimischen Landwirtschaft. Schweinefleisch ist die in Deutschland am häufigsten gegessene Fleischsorte, weswegen es heutzutage viele nur auf Schweine spezialisierte Betriebe gibt.
Rind
Das Rind ist ökonomisch gesehen das wichtigste Nutztier in Deutschland. Den Grund dafür sieht das Bundeslandwirtschaftsministerium in der mehrfachen Nutzung: Das Rind dient der Erzeugung von Fleisch und Milch. EU-weit ist Deutschland der größte Milcherzeuger und zweitgrößter Erzeuger von Rind- und Kalbfleisch nach Frankreich.
Geflügel
Das Haushuhn ist das häufigste Nutztier in Deutschland und versorgt den Menschen mit Fleisch und Eiern. Während die Nachfrage an Eiern recht konstant geblieben ist, ist die Nachfrage nach Geflügelfleisch in Deutschland in den letzten Jahrzehnten stark gestiegen. Nach Frankreich ist Deutschland zweitgrößter Erzeuger von Geflügelfleisch in der EU. Wo wir gerade bei Begriffsklärungen sind: Huhn, Henne und Hähnchen – was ist was? Die Antwort findet ihr in unserer Videoreihe „Land in Sicht“. Hier geht’s zum Video.
Massentierhaltung – was bedeutet das genau?
Und was fällt euch zum Stichwort „Massentierhaltung“ ein? Wahrscheinlich: Nichts Gutes. Aber – warum ist das so? Im eigentlichen Wortsinn sagt es nicht mehr aus, als dass vermutlich eine relativ hohe Anzahl an Tieren auf einer Fläche gehalten werden. Der Duden sagt: Substantiv, feminin – technisierte Tierhaltung in Großbetrieben zur Gewinnung möglichst vieler tierischer Produkte. Eigentlich erst einmal nichts Verwerfliches. Dennoch: Der Begriff ist zu einem Synonym für eine nicht tiergerechte, ethisch fragwürdige Art der Tierhaltung geworden. Dahinter steckt die weit verbreitete Ansicht, dass Tierwohl sich an der Tierzahl in einem Stall bemessen ließe. Jedoch lässt sich die Frage nach angemessenen Haltungsbedingungen nicht mit der Gleichung weniger Tiere = bessere Haltung beantworten. Wichtig sind vielmehr die Bedingungen für ein tiergerechtes Leben. Dazu gehören Gesundheit, ein möglichst stress- und schmerzfreies Leben sowie die Möglichkeit, natürlichem Verhalten, wie etwa dem Spieltrieb bei Schweinen, nachzugehern.
In der Landwirtschaft unterscheidet man zwischen der extensiven und der intensiven Haltung von Nutztieren. Der Begriff „intensive Nutztierhaltung“ wird auch oft gleichbedeutend mit dem der oben definierten Massentierhaltung verwendet. Einige Hauptmerkmale sind die Spezialisierung auf eine Tierart oder sogar nur eine Nutzungskategorie einer bestimmten Tierart und Arbeitsabläufe, die weitgehend automatisiert sind. Laut einer Verordnung des Europäischen Parlaments spricht man von Massentierhaltung in der Geflügel- und Schweinemast, wenn Anlagen mindestens 40.000 Plätze für Geflügel beziehungsweise 2.000 Plätze für Mastschweine (über 30 Kilogramm) und 750 Plätze für Sauen haben.
Bedeutet: Jede Form der Tierhaltung kann große und kleine Tierbestände aufweisen. Ob die Tiere tiergerecht gehalten werden, bemisst sich allerdings an anderen Kriterien.
Der Nachteil einer extensiven Landwirtschaft gegenüber einer intensiven liegt darin, dass in aller Regel mehr Fläche benötigt wird, um denselben Ertrag zu erzielen wie bei einer eher intensiven Landwirtschaft. Für die Umwelt bedeutet das oft einen Verlust an Fläche, auf der zum Beispiel ein Wald stehen könnte.
Konventionelle und ökologische Tierhaltung
In der Nutztierhaltung wird weiterhin zwischen der konventionellen und der ökologischen Tierhaltung unterschieden. Die Richtlinien des Gesetzgebers bilden dabei die Grundlage für alle Landwirte bzw. Nutztierbetriebe. Diese regeln beispielsweise das Platzangebot, die Futterart oder den Tiertransport. Einige Betriebe entscheiden sich dazu, an Programmen teilzunehmen, die über diese gesetzlich vorgeschriebenen Standards hinausgehen, wie etwa der Initiative Tierwohl oder der EU-Öko Verordnung. Dabei können Betriebe mit Bio-Tierhaltung durchaus auch hohe Tierbestände haben. Relevant sind für die Zertifizierung hingegen Vorgaben wie z.B. zum Futter, dem Platzangebot und Auslauf. Ein wesentliches Unterscheidungsmerkmal bei der Erzeugung von Bio-Lebensmitteln ist neben konkreten Vorgaben zur Tierhaltung die Berücksichtigung von ökologischen, umweltschonenderen Faktoren. Wichtig zu beachten ist der Umstand, dass eine Gegenüberstellung von Bio- und Konventionell-Betrieben nicht zulässig ist. Denn der Begriff „konventionell“ sagt lediglich aus, dass nicht nach der EG-Ökoverortnung gewirtschaftet wird. Dennoch trifft es zu, dass sehr viele nicht-Bio-Betriebe sich sehr stark für mehr Tierwohl oder besseren Umweltschutz engagieren. Gleichzeitig kann ein Bio-Betrieb auch als Massentierhaltung gelten.
Artgerecht vs. tiergerecht
Ein weiterer Anlass für eine differenzierte Begriffsklärung ist die häufige Forderung nach „artgerechter Tierhaltung“ von Verbrauchern und Medien. In Bezug auf Nutztierhaltung ist dieser falsch gewählt. Denn: Als artgerecht kann nur das Leben in freier Wildbahn und natürlicher Umgebung bezeichnet werden. Unsere heutigen Haus- und Nutztierrassen sind jedoch keine „echten“ Wildtiere mehr. Daher ist ein Vergleich mit wildlebenden Tieren hier nicht besonders sinnvoll. Eine tiergerechte Haltung hingegen ist eine Anforderung, die jeder Tierhalter an seinen Betrieb hat, denn sie sichert die Gesundheit und das Wohl der Tiere und damit auch die Wirtschaftlichkeit seines Betriebs.